Schutzkasten für den Funktionserhalt von elektrischen Anlagen und Leitungen

Schutzziel 3: Grundlagen

Funktionserhalt für sicherheitsrelevante elektrische Anlagen

Modell eines Bürogebäudes

Im Brandfall müssen Flucht- und Rettungswege nutzbar und wichtige technische Einrichtungen wie Notbeleuchtungen, Brandmeldesysteme, Rauchabzugsanlagen usw. funktionstüchtig bleiben. Darüber hinaus sollen gewisse technische Anlagen die Feuerwehren bei der Brandbekämpfung über einen ausreichend langen Zeitraum unterstützen. Um die Stromversorgung und somit den Funktionserhalt für diese technischen Einrichtungen und Anlagen im Brandfall sicher zu stellen, müssen die entsprechenden Installationen mit speziellen Leitungen und Verlegesystemen ausgeführt werden.

Technische Einrichtungen mit Funktionserhalt werden für folgende Gebäude und Anlagen gefordert: Krankenhäuser, Hotels, Gaststätten, Hochhäuser, Versammlungsstätten, Geschäftshäuser, geschlossene Großgaragen, U-Bahn-Anlagen, chemische Industrie, Kraftwerke und Tunnel. Diese Bauten werden regelmäßig von vielen Menschen frequentiert, woraus sich ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für Menschenansammlungen ergibt. Aber auch der Sach- und Umweltschutz muss bei gewissen Anlagen beachtet werden. Die Forderung nach einer Elektroinstallation mit Funktionserhalt ist Bestandteil der Baugesetze. Dabei bezieht sich der Funktionserhalt ausschließlich auf die Bereiche, die der Stromversorgung sicherheitsrelevanter elektrischer Anlagen wie Notbeleuchtung, Alarmsysteme, Brandmeldeanlagen, automatische Löschanlagen, Rauchabzugseinrichtungen etc. dienen. Hier verlangen die Vorschriften, dass die Energieversorgung auch im Falle eines Brandes für einen bestimmten Zeitraum sichergestellt sein muss.

30 Minuten: Funktionserhalt für die Rettung und eine sichere Evakuierung

Die ersten 30 Minuten nach Ausbruch eines Feuers spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das betroffene Gebäude zu räumen. Der Funktionserhalt muss in dieser Zeitspanne für folgende Einrichtungen sichergestellt sein:

  • Sicherheitsbeleuchtungsanlagen
  • Personenaufzüge mit Brandfallsteuerung
  • Brandmeldeanlagen
  • Anlagen zur Alarmierung und Erteilung von Anweisungen
  • Rauchabzugsanlagen

60/90 Minuten: Funktionserhalt zur wirksamen Brandbekämpfung und aufwendigen Evakuierung

Zur Unterstützung der Brandbekämpfung ist angestrebt, dass bestimmte technische Einrichtungen 60 oder 90 Minuten nach Ausbruch eines Feuers in einem Gebäude noch ausreichend mit Strom versorgt werden.
Zu diesen Einrichtungen zählen:

  • Automatische Löschanlagen
  • Wasserdruckerhöhungsanlagen zur Löschwasserversorgung
  • Maschinelle Rauchabzugsanlagen und Rauchschutz-Druckanlagen
  • Feuerwehraufzüge
  • Bettenaufzüge in Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen

Als Kabelanlage mit integriertem Funktionserhalt nach DIN 4102 Teil 12 versteht man das Verlegesystem (Kabelleiter, Kabelrinne, Brandschutzkanal etc.) in Kombination mit Kabeln bzw. Leitungen. Der Nachweis des Funktionserhalts von Elektroinstallationsmaterial muss durch eine Brandprüfung in einer unabhängigen Materialprüfanstalt erbracht werden.

Der Prüfkörper, d. h. die Kabelanlage muss mindestens 3.000 mm Prüflänge besitzen und wird in einen speziellen Ofen eingebaut. Die Kabel und Leitungen werden auf den Tragesystemen verlegt. Prüfkriterium ist: kein Ausfall der Kabel und Leitungen durch Kurzschluss oder Leiterunterbrechung über die angestrebte Prüfzeit.

Bei einem Brand sind Kabel und Leitungen extremen Belastungen durch Flammen und Hitze ausgesetzt. Dennoch müssen Kabel, die für eine Sicherheitsinstallation eingesetzt werden, in der Lage sein, für einen gewissen Zeitraum Temperaturen bis 1.000 °C und mehr auszuhalten, ohne dass es zu einem Kurzschluss der Kupferleiter kommt. Da die Kupferleiter bei diesen extremen Temperaturen anfangen zu glühen und dabei ihre eigene mechanische Stabilität einbüßen, kommt dem Tragsystem als „Stützkorsett“ eine besondere Bedeutung zu. Bei Kabeln und Leitungen mit integriertem Funktionserhalt spielt aufgrund der Temperaturentwicklung im Kabel die Isolierung eine besondere Rolle. Es existieren zwei unterschiedliche Konstruktionsarten: Die Kabel verfügen über eine spezielle Bewicklung der Kupferleiter aus Glasseide oder Glimmerband. Im Brandfall verbrennt die Isolierung der Kabel vollständig und bildet eine isolierende Ascheschicht. Diese wird von den Bewicklungen zusammengehalten und sorgt dafür, dass die Kupferleiter voneinander getrennt bleiben und auch kein Kurzschluss mit dem Tragsystem stattfindet. Die neueren Kabeltypen setzen statt auf Bewicklungen auf spezielle, keramisierende Kunststoffisolierungen. Der Hauptbestandteil der Isolierung ist Aluminiumhydroxid, das bei der Verbrennung eine weiche Keramikhülle bildet. Diese sorgt für die gewünschte Isolierung der stromführenden Adern untereinander, natürlich auch zum Tragesystem.

Kabelbrand in einem Kabeltragsystem
Schild als Kennzeichnung für geprüfte Kabalanlage

Jede Kabelanlage muss nach der Errichtung mit einem Schild dauerhaft gekennzeichnet werden. Diese Kennzeichnung muss folgende Angaben enthalten:

  • Name des Errichters der Kabelanlage (Installateur)
  • Funktionserhaltklasse „E“ oder „P“
  • Prüfzeugnis-Nummer
  • Inhaber des Prüfzeugnisses
  • Herstellungsjahr

Zu den Kabelanlagen nach DIN 4102 Teil 12 gehören auch Kabelkanäle. Die verschiedenen Konstruktionsarten der Kanäle müssen dafür sorgen, dass bei einem Brand von außen die im Innenraum verlegten Kabel und Leitungen weiter funktionieren. Dies wird über die verschiedenen Baustoffe der Kanäle sichergestellt. Daher müssen in Brandschutzkanälen keine speziellen Funktionserhaltkabel verlegt werden, es kann auf normale PVC-isolierte Kabel zurückgegriffen werden, die nach Norm geprüft sind. Da Kabel mit integriertem Funktionserhalt in der Regel mit einer Nennspannung von 0,6/1 kV hergestellt werden, gibt es im Bereich der Kabelanlagen keine Möglichkeit z. B. Mittelspannungskabel mit Funktionserhalt zu verlegen. Diese Kabeltypen können im Brandschutzkanal verlegt werden, das Schutzziel der sicheren Versorgung einer sicherheitsrelevanten Anlage ist erreicht.

Brand ausserhalb einer Kabelkanal-Anlage
Tragekonstruktion für Brandschutzkanal

Für den Funktionserhalt sind die Tragekonstruktionen in den Zulassungen der Brandschutzkanäle nicht exakt definiert. Bei diesen Montagevarianten muss darauf geachtet werden, dass die Kanäle nicht von den Tragsystemen abrutschen. Pendelabhängungen oder Hängestiel-Auslegerkombinationen mit zusätzlicher Gewindestangensicherung an der Auslegerspitze wurden in Brandprüfungen für den elektrischen Funktionserhalt nachgewiesen, so dass sich diese in der Praxis auch zur Abhängung von Brandschutzkanälen bewährt haben.

Für die Verlegung von Kabeln mit integriertem Funktionserhalt existieren diverse Verlegemöglichkeiten. Neben Art und Anzahl der zu verlegenden Kabel stehen natürlich auch wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund. Von der bewährten Normtragekonstruktion, mit der man völlig unabhängig von Kabeltypen planen kann, bis zur wirtschaftlichen, kabelspezifischen Lösung gibt es viele Variationen.

Installationsprinzip einer Tragekonstruktion

In der Norm ist festgelegt, dass zum Funktionserhalt einer elektrischen Kabelanlage nicht nur die Kabel und Leitungen selbst, sondern auch die Verlegesysteme gehören. Bei Normtragekonstruktionen ist es möglich, die für die Installation benötigten Kabel frei zu wählen. Dies ist möglich, da alle Kabelhersteller den Funktionserhalt ihrer Sicherheitskabel und Leitungen für die Normtragesysteme nachgewiesen haben.

DIN 4102 Teil 12 definiert drei Standard-Verlegesysteme:

  • Verlegung auf Kabelleitern
  • Verlegung auf Kabelrinnen
  • Einzelverlegung der Kabel unter der Decke

Zu der in der Prüfnorm DIN 4102 Teil 12 definierten Einzelverlegung der Kabel unter der Decke gehören Einzelschellen oder Profilschienen und Bügelschellen, mit und ohne Langwannen.

Die Parameter der horizontalen Verlegearten wurden auf die vertikale Installation übertragen, was den Einsatz von Steigetrassen ermöglicht.

Vorteile von Normtragekonstruktionen

  • Freie Kabelwahl, da die Kombinationen aus Kabeln und Normtragekonstruktionen den Verwendbarkeitsnachweis haben.
  • Keine Bindung an bestimmte Kabeltypen.
  • Die Konstruktionen sind ideal für kleinere Projekte.
  • Zahlreiche Installationsvarianten haben durch die Prüfung für viele Jahre die Zulassung.

 

Vorteile kabelspezifischer Verlegearten

  • Geringerer Material- und Montageaufwand
  • Durchgeplante Systeme: Tragsysteme sind definierten Kabeltypen eindeutig zugeordnet.
  • Große Auswahl an zugelassenen Kabeltypen
  • Ideal für größere Objekte (Projektgeschäft)

Für eine wirtschaftliche Elektroinstallation mit Funktionserhalt kommen folgende kabelspezifische Tragesysteme in Betracht: Kabelrinnen mit und ohne Gewindestangensicherung, Gitterrinnen, Kabelleitern, Einzelschellen, Sammelhalterungen und Kabelklammern. Sogar Elektroinstallationsrohre können in nachgewiesenen Varianten montiert werden.

Bei der Auswahl der für den Funktionserhalt zugelassenen Produkte sind die Vorgaben des Planers und die Angaben der Prüfzeugnisse zu beachten. Alle Parameter zur Montage und zu den verwendbaren Bauteilen müssen den Prüfzeugnissen entnommen werden. Die Systeme wurden mit den namhaften Kabelherstellern von Sicherheitskabeln (Dätwyler Cables, Kabelwerk Eupen, Leoni Studer, Nexans und Prysmian) an deutschen Prüfinstituten geprüft. Darüber hinaus wurden bestimmte Verlegearten mit Kabelherstellern aus anderen Ländern nach DIN 4102 Teil 12 bei lokalen Prüfstellen entsprechend geprüft und zugelassen.

Als kabelspezifische Tragekonstruktionen und Verlegearten stehen zur Verfügung:

  • Kabelrinnen RKSM
  • Gitterrinnen GRM und G-GRM
  • Leitungsführungskanäle LKM
  • Kabelleitern SL
  • Tunnelsysteme aus VA

Sehr viele Kombinationen mit Kabelabstandschellen und Bügelschellen mit größeren Befestigungsabständen wurden durch die diversen Kabelhersteller geprüft und nachgewiesen. Auch die Verlegung von Funktionserhaltkabeln in Rohren wurde abgedeckt. Um einen genauen Überblick zu geben, stellt OBO in regelmäßigen Abständen eine so genannte Kabelliste mit den geprüften und zugelassenen  Kombinationen aus Verlegesystemen und Kabeln zur Verfügung.

Verschiedene Kombinationen der Kabelverlegung durch Abstands- und Bügelschellen
Installationsprinzip des Firebox Kabelabzweigkasten

Zur Verbindung und zum Abzweigen von Sicherheitskabeln stehen die Kabelabzweigkästen der FireBox-Serie bereit. Diese sind mit einer hochtemperaturbeständigen Anschlusseinheit mit Klemmen aus Keramik ausgestattet und bieten Klemmbereiche von 0,5 mm² bis zu 16 mm² Kupferquerschnitt. Die FireBox der T-Serie besitzt alle Vorteile thermoplastischer Kabelabzweigkästen. Dazu zählen die hohe IP-Schutzart von maximal IP66 sowie die Schlagfestigkeit von maximal IK10 und eine hohe Bruchfestigkeit. Verfügbar sind die Kästen mit weichen Einsteckdichtungen oder als geschlossene Varianten. Hier können Kabelverschraubungen frei platziert werden. Die Befestigung erfolgt wahlweise an den Außenlaschen oder durch den Kastenboden mit Brandschutzschraubankern. Die hochtemperaturbeständigen Klemmen sind auf der Anschlusseinheit vormontiert. Die Schutzleiterklemme ist mit dem Tragebügel verbunden, so dass Abdeckungen der Metallteile nicht erforderlich sind. Geprüft und zugelassen ist die FireBox als Verbindungsdose für den elektrischen Funktionserhalt nach DIN 4102 Teil 12 mit den Klassen E30, E60 und E90. Ein separater Sicherungshalter ermöglicht die Absicherung eines Abzweigs.

Kabel auf Steigetrassen müssen im Übergangsbereich von der senkrechten zur waagerechten Verlegung wirksam unterstützt werden, um ein Abknicken bzw. Abrutschen zu verhindern. Durchgehende Kabelanlagen erhalten die jeweilige Funktionserhaltklassifizierung nur dann, wenn eine wirksame Unterstützung in einem Abstand von maximal 3,5 m erfolgt.

Kabelverlegung mithilfe von Steigetrassen
Installationsprinzip eines Kabel-Abzweigkastens

Als praktische Lösung haben sich Kästen aus nicht brennbarem Material mit integriertem Mineralfaserschott bewährt, die direkt über eine Schellenreihe montiert werden. Damit lassen sich die aufwändigen Schlaufen gemäß DIN 4102 Teil 12 vermeiden. Das Wirkprinzip ähnelt der Kabelabschottung in der Geschoßdecke: im Brandfall bleibt die Schellenreihe im Kasten relativ kalt, die Klemmung der Kabel bleibt erhalten und ein Durchreißen wird wirkungsvoll verhindert. Damit kann eine DIN-konforme und wirksame Unterstützung der senkrecht installierten Funktionserhaltkabel äußerst wirtschaftlich und platzsparend hergestellt werden.

Geeignete Befestigung und Verankerung der Systeme

Ebenso wichtig wie die Wahl des Kabeltragsystems ist die Entscheidung für die am besten geeigneten Befestigungssysteme. Auch hier gilt es, die individuellen Gegebenheiten auf der Baustelle zu berücksichtigen. Abhängig vom Untergrund sind viele verschiedene Verankerungssysteme mit brandschutztechnischer Eignung verfügbar.

Die Zulassungen der Kabelanlagen mit integriertem Funktionserhalt nach DIN 4102 Teil 12 fordern zur Befestigung der Systeme Metalldübel mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung oder einer Europäischen Technischen Zulassung/Bewertung. Im Gegensatz zur normalen „kalten“ Befestigung müssen diese Dübel für eine Brandschutzanwendung aber mindestens doppelt so tief gesetzt werden. Alternativ werden Dübel eingesetzt, die durch eine Brandprüfung ihre Tragfähigkeit und Feuerwiderstandsdauer nachgewiesen haben. Bei diesen Lösungen sind die erforderlichen Setztiefen abhängig von der Last, und sind in den Zulassungsdokumenten oder in entsprechenden Brandprüfberichten aufgeführt. Es muss ebenfalls darauf geachtet werden, für welche Untergründe bzw. Festigkeitsklassen die Dübel zugelassen sind.

Die wichtigsten Lösungen, um kleine bis sehr große Lasten in den meisten Untergründen zu verankern, sind:

  • Metallspreizdübel für den Einsatz in Beton:
    Schwerlastanker, Nagelanker, Innengewindedübel, Hohldeckenanker
  • Injektionsanker für den Einsatz in Beton, Hochlochziegeln und Porenbeton:
    Ankerstangen eingesetzt in Kunststoff- oder Metallsiebhülsen mit Spezialmörtel
  • Schraubanker für den Einsatz in Beton und diversen Mauerwerksarten:
    Selbstschneidende Schrauben mit diversen Kopfformen
  • Holzschrauben mit großer Setztiefe
Unterschiedliche Methoden der Verankerung durch Dübel und Schrauben

Holz ist ein brennbarer Baustoff und wie bei Stahlkonstruktionen sind Holzbauteile zunächst nur unter gewissen Voraussetzungen für die Befestigung brandgeprüfter Elektroinstallationen geeignet. Anstriche und Verkleidungen kommen in den Konstruktionen ebenfalls zum Einsatz, um überhaupt eine Feuwiderstandsklasse zu erreichen. Jedoch hat Holz im Brandfall eine sehr gute Eigenschaft: beim Abbrand entsteht eine isolierende Schicht, die ein weiteres Abbrennen verzögert. Das Holzbauteil muss ausreichend groß dimensioniert werden, damit ein Versagen nicht vorzeitig auftritt. Unter Berücksichtigung der Abbrandraten können diverse Kabeltragsysteme für elektrische Sicherheitsanlagen mit den Funktionserhaltklassen E30 und E60 an Holzbauteilen befestigt werden. Zur Befestigung werden Holzschrauben mit geeignetem Stahlquerschnitt und ausreichender Setztiefe verwendet. Die langen Schrauben dringen tief in den Querschnitt des Holzträgers ein und sorgen trotz Abbrand für einen sicheren Halt der montierten Tragsysteme. Diverse Montagevarianten sind in einem brandschutztechnischen Gutachten dokumentiert.

Brandschutzsysteme in einer Holfkonstruktion

Expertenwissen

Einfach erklärt, umfangreich geschützt. Unsere Tutorials erklären genau, worauf es beim zweiten Schutzziel ankommt.

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